A138 Herbst 2024 : Internationale Kunst
77 Internationale Kunst 414 LUCEBERT (EIGTL. SWAANSWIJK, LUBERTUS JACOBUS) (AMSTERDAM 1924 – 1994 ALKMAAR) «BIG BROTHER». Öl auf Leinwand, sig. u. dat. (19)88 u.r., 148 x 98 cm CHF 7000.–* / EUR 7600.–* Provenienz: Burkard Galerie, Auktion, 26. Mai 2001, Lot-Nr. 124; Privatbesitz, Schweiz. Der Dichter, Maler und Grafiker Lubertus Jacobus Swaanswijk kam als Sohn eines Dekorationsmalers zur Welt. Das Studium an der Amsterdamer Kunstgewerbeschule brach er bereits nach einem halben Jahr ab und lebte die darauffolgende Dekade sprichwörtlich von der Hand in den Mund. Nachdem er 1943 von der Gestapo in Haft gesetzt worden war, nahm er sein Pseudonym Lucebert (Lichtbringer) an. Unter diesem Namen grün- dete er 1948 zusammen mit anderen Malern und Dichtern die Experimentele Groep in Holland. Später schloss er sich der Avantgardistengruppe CoBrA an, für die er hauptsächlich als Lyriker aktiv war. 1959 und 1964 nahm Lucebert an der Documenta in Kassel, 1964 an der Biennale von Venedig teil. 1969 wurde ihm eine erste grosse Retrospektive im Stedelijk Museum in Amsterdam zuteil. Im Fokus seines Schaffens stand stets die Dichtkunst, die ihn zu traumähnlichen Gemälden inspirierte. Luceberts malerischer Stil wird durch Improvisation, kindliche Naivität und figurative (Alb-)Traumbilder geprägt. In «Big Brother» prangerte Lucebert – wie so oft in seinen Werken – die Unterdrückung und Überwachung durch den Staat und die Gesellschaft an. Mit seinem expressionistischen, von intensiven Farben und deformierten Figuren begleiteten Stil schuf er eine autoritäre Figur, die die individuelle Freiheit bedroht. Der Titel bezieht sich auf das Konzept von George Orwells «Big Brother», ein Symbol für totale soziale Kontrolle. Das Wort «big» spielt dabei ironisch auf die vermeintliche Grösse der Macht an, die die Freiheit des Einzelnen erstickt. Dasselbe Wort taucht auch in anderen Werken von Lucebert auf, wie etwa in «Big Boy» und «Big Chief with Squaw», worin sich die kontinuierliche Auseinandersetzung des Künstlers mit den Themen Dominanz und soziale Entfremdung ausdrückt.
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