"Jeune femme à la cuisine".
Öl auf Leinwand,
sig. u.l.,
60,5x50 cm
Provenienz: Galerie Paul Vallotton, Lausanne, Nr. 9480; Privatbesitz, Schweiz.
Ausstellung: Marius Borgeaud, Fondation Pierre Gianadda, Martigny, 16. November - 20. Januar 2001 (im Ausstellungskatalog auf S. 117 abgebildet).
Literatur: Jacques Dominique Rouiller/Bernard Wyder, Marius Borgeaud. Une fantastique aventure et la suite du catalogue raisonné, Lausanne 2015, S. 215, Nr. 321 (mit Abbildung).
Nach Antritt des bedeutenden elterlichen Erbes führte Marius Borgeaud zunächst ein abenteuerliches und aufwendiges Leben in Paris, bevor er sich ernsthaft der Malerei zuwandte. Er setzte sich mit den impressionistischen Strömungen auseinander, malte 1904 zusammen mit Francis Picabia in Moret-sur-Loing und wandte sich 1908 dem Fauvismus zu. Im Zentrum von Borgeauds künstlerischem Schaffen steht das Interieur, dem er sich mit einfachen, auf klare Formen reduzierten Bildkompositionen annähert. Der Einsatz einer fast ungebrochen verwendeten Farbpalette, der Verzicht auf Lokaltöne und die ausschliesslich mit kräftigem Pinselduktus erzielte Modulation der einzelnen Farbflächen verleihen seinen Werken eine gedämpfte Leuchtkraft und erzeugen eine der Zeit entrückte Stimmung. Neben Ferdinand Hodler und Félix Vallotton wird Marius Borgeaud heute zu den wichtigsten Schweizer Künstlern seiner Generation gezählt. Sein künstlerisches Schaffen kreist um einen wiederkehrenden Themenkreis: Figuren und Orte, Landschaften, Stadtansichten, Stillleben, Szenen des öffentlichen Lebens in der Bretagne (Cafés, Apotheken, Ratshäuser) und vor allem Interieurs. In ihnen entfaltet er meisterhaft intime, mysteriöse Szenen, die von stilllebenhaft arrangierten Alltagsgegenständen und oft scheinbar regungslosen, in sich gekehrten Figuren sowie Haustieren wie Hunden und Katzen besetzt werden, die diesem stillen Leben zu lauschen scheinen.
Die vorliegende Komposition entstand im bretonischen Le Faouet, wo sich der Künstler zwischen 1920 und 1922 aufhielt und einige seiner wichtigsten Gemälde schuf. Sie zeigt dasselbe Interieur wie bei Rouillier/Wyder Nr. 218, mit einigen identischen Bildelementen und insbesondere dem gleichen Modell in seiner typisch bretonischen Tracht.