"Unheimlicher Kopf I".
Bronze, schwarz patiniert,
Künstlersignet am unteren Rand des Halses, dreiteiliger Nachlassstempel auf der Standfläche,
H: 39 cm
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Provenance: Estate Karl Hartung; Galerie Henze-Ketterer, Wichtrach, acquired there in 1997; private ownership, Switzerland.
Compare literature: Markus Krause, Karl Hartung 1908-1967. Metamorphosen von Mensch und Natur. Monographie und Werkverzeichnis, Munich 1998, no. 311 (full-page ill. on p. 46).
The design for ,,Unheimlicher Kopf I’’ was created by Karl Hartung in 1946. This specimen is an authorized cast from the artist's estate (total edition of 6 + 1 artist proof). The plaster model is in the possession of the artist's estate.
,,In Hartung’s oeuvre, there exists another version of this sculpture with the same title, ,,Unheimlicher Kopf II’’ (Catalogue Raisonné no. 533), which resembles its predecessor in contour and form. However, in this later version, the smooth patina has been torn open into a completely altered, furrowed texture. This version of the work was created later, in 1954, and is prototypical of Hartung’s late work, in which he recreated some of his most significant sculptures but gave their surfaces a rougher treatment - marked by what seems like wounds and scars - thus fundamentally changing their appearance. Through this, internal transformations - among other things, shaped by experiences of war - were made visible on the outside. In this sense, the inner changes the artist went through led to clearly discernible external changes in his art. This present, smooth version of the piece captivates with the sharp contrast between its soft forms and its striking profile. Particularly notable is the emphasis on a negative form - the void that shapes the eye and reduces the head to its most essential features. It marks a radical climax in the abstraction of the human head.’’ (Anna Hartung)
We thank Anna Hartung, Nachlass Karl Hartung, for her kind support.
Provenienz: Nachlass Karl Hartung; Galerie Henze-Ketterer, Wichtrach, dort erworben 1997; Privatbesitz, Schweiz.
Vgl. Literatur: Markus Krause, Karl Hartung 1908-1967. Metamorphosen von Mensch und Natur. Monographie und Werkverzeichnis, München 1998, Nr. 311 (ganzseitige Abbildung auf S. 46).
Den Entwurf zu "Unheimlicher Kopf I" schuf Karl Hartung 1946. Beim vorliegenden Exemplar handelt sich um einen autorisierten Guss aus dem Nachlass des Künstlers (Gesamtauflage 6 Exemplare + 1 artist proof). Das Gipsmodell befindet sich im Besitz des Nachlasses des Künstlers.
Der künstlerische Werdegang des Tischlersohnes Karl Hartung begann mit einer Ausbildung zum Holzbildhauer bei Carl Briese, gefolgt ab 1925 von einem Studium unter Johann Michael Bosshard an der Kunstgewerbeschule seiner Geburtsstadt. Ein Stipendium ermöglichte ihm 1929 einen Aufenthalt in Paris, wo er sich intensiv mit der zeitgenössischen französischen Plastik und der Anthroposophie auseinandersetzte. Nach ersten Ausstellungserfolgen liess er sich 1935 mit seiner Frau, der Malerin Ilse Quast, in Berlin nieder. Dort arbeitete er unter erschwerten Bedingungen, da seine Werke aufgrund ihrer abstrakten Formensprache als "entartet" galten. Der künstlerische Durchbruch gelang dem Bildhauer erst nach Kriegsende im Zuge seiner ersten grösseren Einzelausstellung 1946 in Berlin. 1950 berief ihn Karl Hofer als Dozent für Bildhauerei an die Hochschule für Bildende Künste in Berlin. In dieser Zeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Kunstpreis der Stadt Berlin (1950) und den Grossen Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen (1961). Zudem war er mehrfach auf der documenta vertreten und 1955-1967 Vorsitzender des Deutschen Künstlerbundes. Karl Hartung gilt als einer der frühesten abstrakten deutschen Bildhauer mit massgeblicher Einflussnahme auf die Nachkriegskunst. Sein künstlerisches und pädagogisches Wirken prägte Generationen von Kunstschaffenden und machte ihn zu einem zentralen Wegbereiter der modernen Plastik. Neben Skulpturen hinterliess der Deutsche auch ein umfangreiches zeichnerisches Werk.
«In Hartungs Oeuvre findet sich noch eine weitere Variante dieser Plastik mit dem gleichen Titel, Unheimlicher Kopf II (WVZ Nr. 533) der seiner Vorgängerversion in Kontur und Formgebung gleicht, bei der allerdings die glatte Patina zu einer komplett veränderten, durchfurchten Struktur hin aufgerissen worden ist. Diese Version der Arbeit ist später, im Jahr 1954, entstanden und steht prototypisch für das Spätwerk, in dem Hartung die ihm bedeutendsten Plastiken zum Teil noch einmal erschaffen hat, aber die Oberfläche rauer, wie von Verletzungen und Narben verwundet, ganz andersartig gestaltet hat und wodurch die Veränderungen im Inneren, u.a. durch Kriegserlebnisse, nun auch im Äusseren sichtbar gemacht wurden. Hier haben also die inneren Veränderungen des Künstlers zu, für den Betrachter ganz deutlich erkennbaren, äusseren Veränderungen in seiner Kunst geführt. Die vorliegende, glatte Version dieses Werks besticht durch den scharfen Kontrast seiner weichen Formen und dem markanten Profil. Besonders auffällig ist hier die Betonung einer Negativform - der Leerstelle, die das Auge bildet und den Kopf auf seine wesentlichsten Merkmale reduziert, ein auf die Spitze getriebener Höhepunkt der Abstraktion eines menschlichen Kopfes». (Anna Hartung)
Wir danken Anna Hartung, Nachlass Karl Hartung, für die freundliche wissenschaftliche Unterstützung.